Historie

Bis zum Ende des 2. Weltkrieges war Bendestorf ein Heidedorf mit ein paar hundert Einwohnern, doch noch vor Kriegsende kam ein gewisser Rolf Meyer img_4578nach Bendestorf, er war mittellos, Fahrrad und Pappkoffer waren seine wenigen Habseligkeiten. Er kam aus Berlin, der gelernte Kapellmeister hatte sich in das Metier der Filmschriftstellerei hineingearbeitet.

Als er nach Bendestorf kam, war er bereits ein renommierter Verfasser von Drehbüchern für Ufa und Tobis, sein Fach war der komödiantische Unterhaltungs-Spielfilm. Wie nur wenige aus seiner Branche, die im Dritten Reich für den deutschen Film arbeiteten, war Meyer kein Mitglied der NSDAP. Das aber war der damalige Bürgermeister von Bendestorf. Die britische Armee hatte Bendestorf bereits besetzt und fand in dem Neu-Bendestorfer Meyer einen Ansprechpartner, den sie mit verwalterischen Aufgaben des Bürgermeisteramtes vertrauten – und so half Meyer in der schwierigen Zeit des Kriegsendes und in der Folgezeit, den Heideort lebensfähig zu halten. Sein erster Wohnsitz war das Gasthaus “Zum Schlangenbaum”. Von hier aus begann er seine Karriere als führender Filmproduzent der deutschen Nachkriegszeit.

Nachdem er im Rahmen der Reeducations-Maßnahmen der Alliierten sechs Kurzfilme produziert hatte, erhielt er im Frühjahr 1947 die Lizenz zur Herstellung von Unterhaltungsspielfilmen, damit war seine Junge Film-Union (JFU)img_4577 in Bendestorf gegründet.

scan00231948 erbaute Rolf Meyer auf dem Bolzplatz hinter dem Gasthaus “Zum Schlangenbaum”, dem heutigen Studio-Gelände, eine erste Aufnahmehalle, das Atelier A 1. Bereits der dritte Film der JFU urde in dieser Halle gedreht.

Aufgrund des kometenhaften Aufstiegs der JFU konnte Meyer von 1948 bis 1950 auf dem 14.000 qm großen Areal eine in Deutschland einmalige Studioanlage mit kompletter Aufnahmetechnik errichten. Im Juni 1950 wurde sie offiziell vor Prominenz aus Politik, Kultur und Sport eröffnet. Es war die Blütezeit der JFU. In der einschlägigen Fachliteratur wird die JFU in 1949 bis 1951 zur zweitstärksten Filmproduktionsgesellschaft der BRD gezählt.

img_3989Die JFU produzierte Inkunabeln der deutschen Nachkriegsfilmkunst. Peter Lorre führte in Bendestorf seine einzige Regiearbeit durch. Sein Film “Der Verlorene” zählt zu den ersten deutschen Nachkriegsproduktionen. Die Knef, Rökk, Leander und Leuwerik – der Rühmann, Albers und Fröhlich haben hier gedreht. Kameramänner wie Weihmayer und Benitz, Autoren wie Simmel und Marischka, Komponisten wie Eisbrenner und Jary, Bühnenbildner wie Kettelhut und Schroedter, Regisseure wie Forst und Verhoeven – Namen die stellvertretend für Hunderte von Kulturschaffenden stehen, sie alle haben am Gesamtkunstwerk Film in den Bendestorfer Studios mitgewirkt. Einem vielmillionenfachen Publikum lieferten sie in der schwierigen Nachkriegszeit ein Kulturgut, das half diese Zeit zu meistern. scan0021

Nach dem Ende der JFU übernahmen die Fink-Betriebe das Studio Bendestorf. Nun auf der Basis der Lohnarbeit blieb das Studio in Betrieb, wechselnde Produzenten nutzten die moderne Infrastruktur zur weiteren Filmherstellung. Auch Fernsehproduktionen wurden in Bendestorf realisiert, zunächst kamen die öffentlich rechtlichen Sendeanstalten und schließlich auch das Privatfernsehen.  Doch die wirtschaftliche Auslastung der Studios schmolz im Laufe der Jahre. Noch bis in die jüngste Vergangenheit kamen Filmemacher auf nationaler und internationaler Ebene nach Bendestorf zur Filmproduktion in den Studios – in 2000 drehte Wüste-Film Hamburg hier mit Heike Makatsch “Jonathan 2001”, in 2005 entstand hier der deutsch-irische Film “Short Order” mit Vanessa Redgrave und Cosma Shiva Hagen. Sechs Jahrzehnte war Bendestorf – Dank der von Rolf Meyer erbauten Studios – Film und Kulturort, die Produkte die in den Studios entstanden, waren für eine weite internationale Öffentlichkeit bestimmt. scan0022

 Die Menschen, die am Film-Produktionsstandort Bendestorf beteiligt waren, hinterließen ein gewaltiges Kulturerbe.    In Bendestorf erinnern der „Rolf-Meyer-Weg“ oberhalb des Filmgeländes, sowie einige nach Filmschauspielern benannte Straßen (Adele-Sandrock-Stieg, Albert-Florath-Stieg, Heinrich-George-Weg, Otto-Gebühr-Weg) an die große Zeit des Filmschaffens im Ort.

PRODUKTIONSSPIEGEL DES „STUDIO BENDESTORF“

SPIELFILMPRODUKTIONEN BENDESTORF: gesamtkunstwerk-film